Ausländergesetz und studentischer Alltag

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Hinweis des Administrators: Diese Seite ist stark veraltet. Das Ausländergesetz wurde 2005 durch das Aufenthaltsgesetz ersetzt. Die damit verbundenen Änderungen wurden bisher nicht in diese Seite eingearbeitet.


"Betrifft: Ihre Abschiebung. Sehr geehrter Herr Tounkara, hiermit teile ich Ihnen mit, dass Sie am 15.01.1994 abgeschoben werden. Ihren Flug habe ich bereits gebucht. Ich bitte, Sie, am 15.01.1994 um 11.15 Uhr in meinen o.g. Diensträumen vorzusprechen. Eine Freigepäcksgrenze von 20kg ist einzuhalten. "

Dieses ist eines der vielen Schreiben, die in verschiedenen Städten Deutschlands immer häufiger an ausländische Studierende verschickt werden. An nordrhein-westfälischen Hochschulen, so zum Beispiel in Duisburg, Köln, Düsseldorf und Aachen, wird mit der Zwangsexmatrikulation bereits heute ernst gemacht. Einige Dutzend Studierende, die nach Ansicht der Behörden und nach Auskunft der Hochschulverwaltungen eine "überlange Studiendauer" vorzuweisen haben, sollen teilweise binnen Monatsfrist ihre jeweilige Hochschule verlassen - und zusätzlich die BRD. Sie haben nämlich besonderes Pech: sie besitzen keinen deutschen Pass, sind in Mali, Kamerun, Marokko oder Guinea geboren. Im Weigerungsfall wird mit kostenträchtiger Abschiebung gedroht.

Besonders nach Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes im Januar 1991 und den Diskussionen über die Hochschulreform hat sich die Situation für ausländische Studierende verschärft. Die abschiebefreudigen örtlichen Ausländerbehörden verschicken Ordnungsverfügungen, in denen die weitere Anwesenheit der entsprechenden Studierenden lapidar als "Beeinträchtigung der Interessen der BRD" dargestellt wird. Die fiktiven Interessen werden unterschiedlich benannt: Mal ist es der "hohe finanzielle Aufwand, der mit der Bereitstellung von Studienplätzen und der Organisation des Studiums verbunden" sei (so das "Amt für öffentliche Ordnung" in Köln), mal werden "entwicklungspolitische Zielsetzungen eines ständigen Austauschs von Auszubildenden" (Innenministerium NRW) vorgeschoben. Die Abschiebungsdrohung trifft dabei unterschiedslos sowohl Studierende, die sich in der Examensphase befinden, als auch Studis in früheren Phasen der Ausbildung.