Studieren mit Kind: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. April 2011, 12:36 Uhr

... oder mehreren Kindern ist gar nicht so einfach. Am dringlichsten scheint das Problem der Kinderbetreuung zu sein. Das Studentenwerk Heidelberg unterhält eine Kinderkrippe und eine Krabbelstube für Kleinstkinder (6 Wochen - 3 Jahre), darin können aber leider nur insgesamt 59 Kinder untergebracht werden (über 3 Jahre s.u.). Das Studentenwerk bemüht sich zwar, die Kapazitäten zu verbessern, aber sie reichen auch weiterhin nicht aus. Die zwei städt. Kinderkrippen stehen nur EinwohnerInnen der Stadt Heidelberg zur Verfügung. Auf drei freie Plätze kommen etwa 50 Bewerbungen. Für Studierende mit Kind, die erst seit kurzem in Heidelberg leben, wird es noch schwieriger, da jeweils neben sozialen Aspekten bei den Aufnahmekriterien eine Warteliste existiert. Sie sind meist darauf angewiesen, durch Eigeninitiative eine Betreuung zu organisieren. Viele studierende Mütter setzen daher ihr Studium so lange aus, maximal drei Semester sind möglich, oder schieben den Abschluss so lange auf, bis ihr Kind in einem Kindergarten untergebracht werden kann.

Mit Kindergärten sieht es besser aus. Kinder im Alter von 3 - 6 Jahren können in insgesamt 62 Kindergärten untergebracht werden, deren Träger Kirchen, Stadt und einige private Vereine sind. Im Kindergartenbereich ist in Heidelberg der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz durch eine Versorgungsquote von 90% auch faktisch verwirklicht. Die Kosten der Kinderkrippen sind nach Bruttofamilieneinkommen gestaffelt; die Preise des Studentenwerks liegen unter denen der Stadt, aber hier fließen noch andere Finanzmittel zu: aus dem allgemeinen Semesterbeitrag, aus Eigenmitteln des Studentenwerks und aus Landesmitteln. Bei sehr geringem Einkommen übernimmt das Jugendamt die Kosten für öffentliche Kindergärten bzw -krippenplätze sowie die der Betreuung durch eine Tagesmutter.

Die Forderung der studierenden Mütter nach ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten ihrer Kinder (neben den oben genannten Krippen- u. Kindergartenplätzen) variieren. Eine Vorstellung ist die Möglichkeit, Kinder in ihre Seminare mitnehmen zu können - hier wird u.a. ein Wickelraum benötigt; eine Einrichtung von Spielstuben soll ermöglichen, dass die Kinder auch für kürzere Zeit (ein oder zwei Seminarveranstaltungen, Bibliotheksbesuche u.ä.) während des ganzen Tages eine Betreuungssituation vorfinden, mit der sie mit Lust und Interesse verweilen können. Ideal wäre eine Art Kinderhaus, sowohl im Neuenheimer Feld als auch in der Altstadt, in dem die Kinder nach Alter und Interessen in Gruppen zusammengefasst werden, und die sie je nach Bedarf der studierenden Eltern bis 19 Uhr besuchen können. Dies würde auch bei dem gravierenden Problem der Betreuung der Kinder nach den festgesetzten Abholzeiten bei den Kinderkrippen und -gärten, meist 16 Uhr, Erleichterung schaffen. Der Notwendigkeit einer ganztägigen Betreuung auch der Schulkinder käme eine Ganztagsschule und/oder die Einrichtung weiterer Schulkinderhorte entgegen.

Eine weitere Forderung ist die Verbesserung der finanziellen Situation. Vor allem Alleinerziehende leben unterhalb der Armutsgrenze. Da in den allgemeinen BAföG-Regelungen eine finanzielle Unterstützung für Kinder der EmpfängerInnen nicht vorgesehen ist, bleibt einigen StudentInnen lediglich das Kindergeld und evtl. Sozialhilfe / Wohngeld für das Kind, wenn der Vater des Kindes oder die Großeltern nicht zur Verfügung stehen. Die BAföG-Förderungshöchstdauer kann infolge Schwangerschaft und Erziehung eines Kindes bis zum 5. Lebensjahr um 5 Semester verlängert werden. Danach winkt auch das Sozialamt ab, denn einen Anspruch auf Sozialhilfe hat nicht, wer sich in einer dem Grunde nach BAföG-förderungsfähigen Ausbildung befindet, diese jedoch in der zulässigen Förderungshöchstdauer nicht abgeschlossen hat. Dieses Unvermögen wird als fachliche Unfähigkeit angesehen. Deshalb stelle es keine unbilliger Härte dar, einen Studienabschluss zuzumuten, so die Entscheidung der Richter. Die zeitl. Belastung und die materiellen Mehrkosten für die Versorgung von Kindern werden also im gesamten Studienverlauf nicht berücksichtigt. Eine Unterstützung und finanzielle Förderung durch den Partner ist für einen Teil der studierenden Mütter undenkbar, denn sie bedeutet oftmals gleichzeitige Abhängigkeit und Verantwortung für den häuslichen Bereich. Es bedarf einer eigenständigen, unabhängigen finanziellen Absicherung z.B. auch gerade für Frauen, die nach der Kinderphase in eine Berufstätigkeit oder Ausbildung neu einsteigen möchten; sowie eine Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in den Prüfungsordnungen.

Neben der psychischen und physischen Belastung der Mütter (und wohl auch Väter (ja!, d. Setzer)) kommt noch die mangelnde freie Verfügbarkeit über ihre Zeit hinzu. So stehen die Frauen denn unter Zeitdruck und sind häufig auch räumlich immobiler. Die oft starre Studienorganisation, vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern, die örtlich wie zeitlich fest fixierten Praktika, eine hohe und rigide Arbeitsintensität erschwert die Vereinbarkeit von Studium und Kindererziehung oft weit über die Grenzen der Belastbarkeit. Ein nicht gewolltes Minimalstudium ist oft die Konsequenz. Das Studieren mit Kind darf nicht zum Studieren trotz Kind werden. Jedoch: ein realistisches Selbstbewustsein, selbstgesetzte Ziele auch aus einer schlechten Startposition heraus zu verfolgen, äußerste Arbeitsdisziplin, Organisationsvermögen, Fähigkeit, Bedürfnisse anderer Leute aufzunehmen, Konsensfähigkeit, sich nicht zu verzetteln, sondern sich auf das wesentliche zu konzentrieren, mit knapper Zeit effizient zu haushalten - dies sind einige der Fähigkeiten, die die Gruppe der Studierenden mit Kindern ihr eigen nennen können. Diese machen sie für viele ArbeitgeberInnen hochinteressant. Auch verleihen sie der Studienzeit einen wichtigen, oft im Rahmen einer bloßen Leistungsuniversität vergessenen Aspekt, nämlich den der eigenen Entwicklung.

Die gemachten Verbesserungsvorschläge sind auf die Lebenssituation der studierenden Eltern ausgerichtet. Damit sie wirksam werden können, muss die Diskussion darüber in breite Kreise getragen werden. Gleichzeitig sollte man sich der Begrenztheit dieser Vorschläge bewusst sein, denn die Aufhebung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung bleibt davon unberührt.