Geschichte: Bildungsstreik: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Der "Bildungsstreik für Solidarität und freie Bildung" war eine der größten sozialen Bewegungen im Bildungssektor seit vielen Jahren und hatte seine Hochphase im Sommersemester 2009 und im Wintersemester 2009/2010. Er war getragen von Studierenden und SchülerInnen aber auch Lehrende nahmen an diesem Teil. Seine Ziele waren unter anderem die Abschaffung des Bachelor-Master-Systems in der derzeitigen Form, die soziale Öffnung der Hochschulen, die Demokratisierung des Bildungssystems und die Verbesserung der Lehr-und Lernbedingungen. Konkrete hochschulbezogene Forderungen waren die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Verfassten Studierendenschaft mit politischem Mandat sowie die Abkehr vom Bachelor als Regelstudienabschluss. Zentrale Forderung bezüglich der Schule war die Abkehr vom mehrgliedrigen Schulsystem zu Gunsten einer Schule für alle. Die Kritik des Bildungsstreikes richtete sich gegen deregulierten und ökonomisierte Hochschulen, die Ausrichtung von Bildung an maximaler "employability" der Absolventen statt an kritischer Reflexion und Gemeinwohlorientierung sowie der sozialen Selektivität des Bildungssystems. | + | Der "Bildungsstreik für Solidarität und freie Bildung" war eine der größten sozialen Bewegungen im Bildungssektor seit vielen Jahren und hatte seine Hochphase im Sommersemester 2009 und im Wintersemester 2009/2010. Er war getragen von Studierenden und SchülerInnen aber auch Lehrende nahmen an diesem Teil. Seine Ziele waren unter anderem die Abschaffung des Bachelor-Master-Systems in der derzeitigen Form, die soziale Öffnung der Hochschulen, die Demokratisierung des Bildungssystems und die Verbesserung der Lehr-und Lernbedingungen. Konkrete hochschulbezogene Forderungen waren die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Verfassten Studierendenschaft mit politischem Mandat sowie die Abkehr vom Bachelor als Regelstudienabschluss. Zentrale Forderung bezüglich der Schule war die Abkehr vom mehrgliedrigen Schulsystem zu Gunsten einer Schule für alle. Die Kritik des Bildungsstreikes richtete sich gegen deregulierten und ökonomisierte Hochschulen, die Ausrichtung von Bildung an maximaler "employability" der Absolventen statt an kritischer Reflexion und Gemeinwohlorientierung sowie der sozialen Selektivität des Bildungssystems. Neben den eng auf den Bildungssektor bezogenen Forderungen wurde von vielen Bildungsstreikaktivisten auch die generelle Veränderung der Gesellschaft angestrebt. Dies steckt hinter Forderungen wie „emanzipatorische Bildung“, „education is not for sale“ und „selbstbestimmtem Leben und Lernen“. |
− | Im Sommersemester 2009 protestierten deutschlandweit | + | Im Sommersemester 2009 protestierten deutschlandweit 270000 Studierende für diese Ziele, wobei die allgemeine Wahrnehmung vieler Aktive war, dass dabei die Abschaffung der Studiengebühren die mobilisierungswirksamste Forderung war. In Heidelberg kam es in Zuge der Proteste zur Besetzung des Rektorats durch mehrere hundert Studierende, welches 3 Tage andauerte bevor Rektor Eitel dieses durch die Polizei räumen ließ. Im Wintersemester danach wurden an über 100 Univeristäten Deutchlandweit Hörsäle besetzt. Die Besetzungswelle war ausgegangen von Österreich, wo zum Zeitpunkt der ersten deutschen Hörsaalbesetzung bereits seit einigen Wochen die Audimaxe verschiedener Universitäten besetzt waren. Die erste Hörsaal-Besetzung in Deutschland war die Besetzung des Hörsaals 14 der Neuen Universität am 3. November 2009 in Heidelberg. Sie dauerte bis 27.11 an bevor die Studierenden den Hörsaal verließen um in den Raum 018 des alten IPW umzogen. Den BesetzerInnen gelang es durch Umorganisation der im Hörsaal 14 stattfindenden Veranstaltungen, dass keine Lehrveranstaltung ausfallen musste. 2009 war Heidelberg eines der bundesweiten Zentren des Bildungsstreiks. Bundesweit kam es teilweise zur Besetzung von Autobahnen durch Studierende um den Druck auf die Politik zu steigern. |
− | 2010 und 2011 wurde in Heidelberg und bundesweit versucht an die Mobilisierungserfolge des Jahres 2009 anzuknüpfen. In Heidelberg hatte dies nur geringen Erfolg. Anfang 2011 stellte das Heidelberger Bildungsstreik-Bündnis seine Aktivität ein. Im Herbst gab es bei wenig personeller Kontinutität den Versuch das Bildungsstreik-Bündnis neu zu beleben. Eine Demonstration wurde organisiert zu der aber nur noch 400 Personen kamen. | + | Im Rahmen der Besetzungen wurde die Forderung nach einem oder mehreren Freiräumen für Studierende erhoben. Diese sollten für jegliche Form der Nutzung offen sein. In diesem Zusammenhang kam es auch vermehrt zu Konflikten zwischen Bildungsstreikaktivisten, Freiraumaktivisten und Studierende die einfach nur an den zentralen Protesten des Bildungsstreikes teilnahmen. Welche individuelle Priorität die jeweiligen Forderungen besaßen, welche Mittel diese Ziele zu erreichen als legitim galten und welche Identität die jeweiligen Beteiligten der Proteste hatte, unterschied sich deutlich. Gleichwohl der Bildungsstreik stets den Anspruch hatte für alle studierende zu sprechen, gab es immer Kritik der Studierenden an diesem. |
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+ | 2010 und 2011 wurde in Heidelberg und bundesweit versucht an die Mobilisierungserfolge des Jahres 2009 anzuknüpfen. In Heidelberg hatte dies nur geringen Erfolg. Anfang 2011 stellte das Heidelberger Bildungsstreik-Bündnis seine Aktivität ein. Im Herbst gab es bei wenig personeller Kontinutität den Versuch das Bildungsstreik-Bündnis neu zu beleben. Eine Demonstration wurde organisiert zu der aber nur noch 400 Personen kamen. Auch 2013 kam es in einigen Bundesländern zu Protesten, die unter dem Label Bildungsstreik liefen. | ||
Trotz des baldigen Abebbens des Bildungsstreik in Heidelberg und auch darüber hinaus hatte der Bildungsstreik Erfolg. In seiner Folge wurde nach und nach in allen Bundesländern die Studiengebühren abgeschafft. In Baden-Württemberg auch bedingt durch den Regierungswechsel von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot. Zudem wurde in Baden-Württemberg die Verfasste Studierendenschaft mit politischem Mandat eingeführt. Zwar wurde die Kritik des Bachelor-Master-Systems in der Folge immer mehr zum diskursiven Mainstream, diese besteht aber bis heute weiterhin fort. Teilweise wurde in Studienordnungen versucht der Verschulung des Studiums entgegenzuwirken. Die Erfolge, die hier aber bewirkt werden konnten, sind abhängig vom jeweiligen Studiengang, Instiut sowie Hochschule sehr unterschiedlich. | Trotz des baldigen Abebbens des Bildungsstreik in Heidelberg und auch darüber hinaus hatte der Bildungsstreik Erfolg. In seiner Folge wurde nach und nach in allen Bundesländern die Studiengebühren abgeschafft. In Baden-Württemberg auch bedingt durch den Regierungswechsel von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot. Zudem wurde in Baden-Württemberg die Verfasste Studierendenschaft mit politischem Mandat eingeführt. Zwar wurde die Kritik des Bachelor-Master-Systems in der Folge immer mehr zum diskursiven Mainstream, diese besteht aber bis heute weiterhin fort. Teilweise wurde in Studienordnungen versucht der Verschulung des Studiums entgegenzuwirken. Die Erfolge, die hier aber bewirkt werden konnten, sind abhängig vom jeweiligen Studiengang, Instiut sowie Hochschule sehr unterschiedlich. | ||
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Aktuelle Version vom 1. Januar 2015, 20:58 Uhr
Der "Bildungsstreik für Solidarität und freie Bildung" war eine der größten sozialen Bewegungen im Bildungssektor seit vielen Jahren und hatte seine Hochphase im Sommersemester 2009 und im Wintersemester 2009/2010. Er war getragen von Studierenden und SchülerInnen aber auch Lehrende nahmen an diesem Teil. Seine Ziele waren unter anderem die Abschaffung des Bachelor-Master-Systems in der derzeitigen Form, die soziale Öffnung der Hochschulen, die Demokratisierung des Bildungssystems und die Verbesserung der Lehr-und Lernbedingungen. Konkrete hochschulbezogene Forderungen waren die Abschaffung der Studiengebühren, die Einführung von Verfassten Studierendenschaft mit politischem Mandat sowie die Abkehr vom Bachelor als Regelstudienabschluss. Zentrale Forderung bezüglich der Schule war die Abkehr vom mehrgliedrigen Schulsystem zu Gunsten einer Schule für alle. Die Kritik des Bildungsstreikes richtete sich gegen deregulierten und ökonomisierte Hochschulen, die Ausrichtung von Bildung an maximaler "employability" der Absolventen statt an kritischer Reflexion und Gemeinwohlorientierung sowie der sozialen Selektivität des Bildungssystems. Neben den eng auf den Bildungssektor bezogenen Forderungen wurde von vielen Bildungsstreikaktivisten auch die generelle Veränderung der Gesellschaft angestrebt. Dies steckt hinter Forderungen wie „emanzipatorische Bildung“, „education is not for sale“ und „selbstbestimmtem Leben und Lernen“.
Im Sommersemester 2009 protestierten deutschlandweit 270000 Studierende für diese Ziele, wobei die allgemeine Wahrnehmung vieler Aktive war, dass dabei die Abschaffung der Studiengebühren die mobilisierungswirksamste Forderung war. In Heidelberg kam es in Zuge der Proteste zur Besetzung des Rektorats durch mehrere hundert Studierende, welches 3 Tage andauerte bevor Rektor Eitel dieses durch die Polizei räumen ließ. Im Wintersemester danach wurden an über 100 Univeristäten Deutchlandweit Hörsäle besetzt. Die Besetzungswelle war ausgegangen von Österreich, wo zum Zeitpunkt der ersten deutschen Hörsaalbesetzung bereits seit einigen Wochen die Audimaxe verschiedener Universitäten besetzt waren. Die erste Hörsaal-Besetzung in Deutschland war die Besetzung des Hörsaals 14 der Neuen Universität am 3. November 2009 in Heidelberg. Sie dauerte bis 27.11 an bevor die Studierenden den Hörsaal verließen um in den Raum 018 des alten IPW umzogen. Den BesetzerInnen gelang es durch Umorganisation der im Hörsaal 14 stattfindenden Veranstaltungen, dass keine Lehrveranstaltung ausfallen musste. 2009 war Heidelberg eines der bundesweiten Zentren des Bildungsstreiks. Bundesweit kam es teilweise zur Besetzung von Autobahnen durch Studierende um den Druck auf die Politik zu steigern.
Im Rahmen der Besetzungen wurde die Forderung nach einem oder mehreren Freiräumen für Studierende erhoben. Diese sollten für jegliche Form der Nutzung offen sein. In diesem Zusammenhang kam es auch vermehrt zu Konflikten zwischen Bildungsstreikaktivisten, Freiraumaktivisten und Studierende die einfach nur an den zentralen Protesten des Bildungsstreikes teilnahmen. Welche individuelle Priorität die jeweiligen Forderungen besaßen, welche Mittel diese Ziele zu erreichen als legitim galten und welche Identität die jeweiligen Beteiligten der Proteste hatte, unterschied sich deutlich. Gleichwohl der Bildungsstreik stets den Anspruch hatte für alle studierende zu sprechen, gab es immer Kritik der Studierenden an diesem.
2010 und 2011 wurde in Heidelberg und bundesweit versucht an die Mobilisierungserfolge des Jahres 2009 anzuknüpfen. In Heidelberg hatte dies nur geringen Erfolg. Anfang 2011 stellte das Heidelberger Bildungsstreik-Bündnis seine Aktivität ein. Im Herbst gab es bei wenig personeller Kontinutität den Versuch das Bildungsstreik-Bündnis neu zu beleben. Eine Demonstration wurde organisiert zu der aber nur noch 400 Personen kamen. Auch 2013 kam es in einigen Bundesländern zu Protesten, die unter dem Label Bildungsstreik liefen.
Trotz des baldigen Abebbens des Bildungsstreik in Heidelberg und auch darüber hinaus hatte der Bildungsstreik Erfolg. In seiner Folge wurde nach und nach in allen Bundesländern die Studiengebühren abgeschafft. In Baden-Württemberg auch bedingt durch den Regierungswechsel von Schwarz-Gelb zu Grün-Rot. Zudem wurde in Baden-Württemberg die Verfasste Studierendenschaft mit politischem Mandat eingeführt. Zwar wurde die Kritik des Bachelor-Master-Systems in der Folge immer mehr zum diskursiven Mainstream, diese besteht aber bis heute weiterhin fort. Teilweise wurde in Studienordnungen versucht der Verschulung des Studiums entgegenzuwirken. Die Erfolge, die hier aber bewirkt werden konnten, sind abhängig vom jeweiligen Studiengang, Instiut sowie Hochschule sehr unterschiedlich.
Internet: http://www.bildungsstreik-hd.de/
http://www.bildungsstreik.net/
https://agsm.stura.uni-heidelberg.de/index.php/FAQ-Sammlung