Soziales

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Die Bundesrepublik nennt sich "Sozialstaat". Aber was ist ein Sozialstaat? Ein sozialer Staat ist sicherlich auch ein Staat, in dem die Schwächeren von den Stärkeren unterstützt werden. Nun könnte man meinen, in Deutschland wäre dies so. Aber bei genauerem Hinsehen entdeckt man in den letzten Jahren zunehmend Indizien, die dem widersprechen. Eher scheint die Politik darauf zu zielen, den "kleinen Mann" zu schröpfen. Und das ausgerechnet bei einer SPD-geführten Regierung! Das Schröder-Blair-Papier vom Frühjahr 1999 war nur der kleine Auftakt zum Umsatz der großen Vision "weniger Staat".

Sozialpolitik wird Reparaturbetrieb. Mit diesem Motto lässt sich passend beschreiben, wie heutzutage Sozialpolitik betrieben wird - so sie überhaupt noch stattfindet - in allen Bereichen: Statt die Ursachen zu beheben oder mindestens zu untersuchen, wird versucht, die Symptome zu heilen - was naturgemäß schief geht. Das neueste Stichwort heißt Hartz IV, wir sind gespannt, was wir in ein paar Jahren damit verbinden werden.

Beispiel Paragraph 218 StGB. Anstatt mit kinderfreundlicher Politik und Schutz von Frauen die Ursachen von Abtreibungen anzugehen, wird versucht durch "Ächtung" und Strafgesetz das Symptom Abtreibung abzutreiben. Das Schlimmste ist dabei, dass selbst in solch persönlichen Belangen sich PolitikerInnen das Recht herausnehmen, den Menschen die Kompetenz abzusprechen, über sich selbst zu entscheiden.

Beispiel Drogen. Hier wird auch mit dem Strafgesetzbuch gewinkt, anstatt die Gründe für Drogenkonsum zu untersuchen. Zudem werden durch eine willkürliche Unterscheidung Alkohol und Tabak als "Volksdrogen" nur mit einem höheren Steuersatz belegt (lässt sich klasse mit verdienen) während Haschisch mit Knast bestraft wird. Dass indischer Hanf (dessen Bestandteile zu Haschisch und Marihuana verarbeitet werden) noch im letzten Jahrhundert das in der westlichen Welt meistverkaufte Beruhigungsmittel war, wird unterschlagen. Dies änderte sich erst, als Bayer sein Aspirin auf den Markt warf...

Auch an der Uni zeigen sich Symptome, die nachdenklich stimmen: Wenn z.B. in VWL oder Jura anderen Studis die Vorlesungsunterlagen geklaut werden oder Zeitschriftenartikel aus der Bibliothek nicht kopiert, sondern herausgerissen werden - und parallel viele Studierende das Studium weiterhin ohne Abschluss beenden oder erst nach einer psychologischen oder medizinischen Behandlung wieder aufnehmen können. Dass die Studienzeiten der Studierenden durchweg über den Regelstudienzeiten liegen, rührt übrigens vor allem daher, dass sie den Hirnen von KultusbürokratInnen entspringen. Einer Stuttgarter Fachschaft wurde vor Jahren einmal ein Geheimkommuniqué mehrerer Kultusminister zugespielt, in dem es hieß: "Die Regelstudienzeiten sind so zu bemessen, dass sie ein durchschnittlich leistungsbereiter Student (der von sich behauptet, er sei zum Klausurenschreiben geboren) mit durchschnittlichem Arbeitspensum (60 Std. die Woche) einhalten könne, wenn sein Arbeitspensum und seine Leistungsbereitschaft überdurchschnittlich wären."

Überhaupt die Studienzeit Die PolitikerInnen versuchen, über Maßnahmen wie BAföG-Beschränkungen, Studiengebühren, Zwangsexmatrikulationen, etc. die Studienzeit zu verkürzen - um die Überlast der Hochschulen zu verringern? Aber im Ernst. Es wird nicht berücksichtigt, dass alle oben angeführten Maßnahmen kontraproduktiv sind: Wer (mit oder ohne) BAföG arbeiten muss, um leben zu können, braucht länger. Wer bei Überschreitung der "Regelstudienzeit" Gebühren zahlen soll, braucht erst recht länger. Dabei können die, die arbeiten, nicht die ganze Zeit an der Uni "rumhängen" und die Hochschule damit "belasten". Die Ursachen dafür, dass viele Studierende nicht zügig studieren können, liegen woanders: in den mit Personal und Sachmitteln schlecht ausgestatteten Hochschulen, an uninteressierten und schlechten HochschullehrerInnen, die ihren Beruf nicht ernst nehmen - und an der daraus folgenden Unfähigkeit der Hochschulen, qualifiziertes Studieren zu ermöglichen. Ganz abgesehen von den Studierenden, die eine "Verlängerung" ihres Studiums durch Kinderziehung, Erwerbstätigkeit oder gesellschaftliches Engagement bewusst einplanen.

Allerdings stimmt auch das System nicht: an den Hochschulen haben nur die ProfessorInnen etwas zu sagen - die Mehrheit der Hochschulmitglieder, die Studierenden, haben nichts zu sagen. Hier wird immer wieder argumentiert, dass man die Profs ja mit guten Argumenten überzeugen könnte - wer das glaubt, lebt in einer anderen Welt. Mit wenigen Ausnahmen sitzen die Profs auf ihrer Machtposition und lassen sich nicht reinreden. Vielmehr profilieren sie sich in der Forschung - und auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt...
Fazit

Durch einen unheimlichen Konkurrenzdruck und den Zwang zum Funktionieren in eine Schablone gepresst, von der Schule nicht aufs Leben vorbereitet - sind wir noch zu retten?

Es zeigt sich eine immer stärker ausgeprägte Überindividualisierung, die sich ausdrückt in egoistischem Gruppendenken. Es wird kaum mehr aufs das Ganze, die Gesellschaft gesehen, sondern nur noch auf die eigenen Interessen. Das Handeln wird bestimmt durch Händel, Paktieren und Taktieren - bis in den Freundeskreis hinein. Gesetze und andere Regeln werden nicht in ihrer vorgesehenen Weise interpretiert, sondern in der eigenen Gruppe oder einem selbst am geeignetsten erscheinende.

Diese gestörte Verhaltensweise führt beim Einzelnen zu psychischen Problemen wie Gefühlsarmut, Versagensangst und Verfolgungswahn. Für die Gesellschaft bedeutet es eine Entsolidarisierung der einzelnen Schichten oder Bevölkerungsgruppen - einhergehend mit immer mehr Sozialneid und Misstrauen. Eine "normale" Kommunikation - lebenswichtig für eine Gesellschaft, nicht nur im sog. "Kommunikationszeitalter" findet kaum noch statt.

Probleme, die Einzelne betreffen, werden individuell angegangen - haben die Probleme ein gesellschaftliches Ausmaß erreicht, engagiert sich kaum noch jemand.

Ein bisschen mehr Solidarität, gegenseitiges Vertrauen, Aufeinanderzugehen und gemeinsames Probleme lösen, täte uns sicher nicht schlecht.